“Eine Erleichterung für den Patienten und die pflegende Person”: Axel Tittel im Gespräch zu Ortungssystemen für Senioren

Interview

Unsere Interviewreihe “In der Nische” beleuchtet regelmäßig einzelne Branchen und Themenbereiche, die es noch nicht in die breite Öffentlichkeit geschafft haben. Dabei kommen meist inhaltlich spannende Reaktionen vom Gesprächspartner zur Geltung und man lernt viel dazu. Heute hatten wir die Möglichkeit, mit dem Telematik-Experten Axel Tittel über seinen Ortungssysteme-Onlineshop “Tipronet” zu sprechen.

Zur Person:
Axel TittelSeit 2000 beschäftigt sich Axel Tittel hauptberuflich mit Telematik-Lösungen. Spezialisiert hat sich Tipronet.net auf GPS-Ortungssysteme und bereits seit 2006 nutzen Anwender das selbst entwickelte Ortungsportal (Trackerbox). Damit kann jeder die Positionen seiner Geräte und den zugeordneten Personen, Fahrzeugen oder Gütern betrachten und Statistiken einsehen.

Infomagazin Seniorenbedarf: Sehr geehrter Herr Tittel, Sie vermarkten auf tipronet.net das Produkt “Telematiklösungen” – was ist das denn für ein Wort?

Axel Tittel: Bei „Telematiklösungen“ handelt es sich weniger um ein Produkt als um Produkte im Segment der Telematik. Also im Bereich der Informationen von Telekommunikationssystemen. Auch das klingt schrecklich sperrig aber unsere Branche wurde von eher technischen Menschen geprägt.

Infomagazin Seniorenbedarf: Grob geht es dabei ja um die “Ortung von Dingen”. Warum sollte man Dinge orten wollen?

Axel Tittel: Ortung ist korrekt. Wir hören allerdings nicht bei Dingen auf, sondern können Personen und Tiere orten. In Zeiten in denen wir bei Amazon bestellen und am nächsten Tag bereits das Produkt in Händen halten wollen, wird die Logistik umso wichtiger. Während einer Fahrstreckenanalyse können Routen ggf. in Echtzeit optimiert werden, wodurch Pakete schneller zugestellt werden. Für den Nutzer ist es spannend zu erfahren, ob sein Paket in der kommenden Stunde kommt oder er noch eine Runde mit dem Hund drehen kann.

Infomagazin Seniorenbedarf: Stimmt, beim Postversand ist Ortung ja vielerorts schon der Standard. Wie sieht es in anderen Bereichen aus? Personenortung wird ja scheinbar sehr rege von der Gesundheitsindustrie im Bereich Demenz angefragt.

Axel Tittel: Richtig, beim Postversand nutzen die Ortung sowohl Versender als auch Adressat. In anderen Bereichen sieht man die Technik dahinter nicht so deutlich.
Angefangen hat die Personenortung meiner Meinung nach im zivilen Bereich tatsächlich innerhalb der Gesundheitsindustrie. Dann wurde dieser Bereich von der Quantified Self-Bewegung (Selbstvermessung) aufgegriffen und Sportler haben die Vorteile der GPS-Unterstützung für sich entdeckt. Kurz nachschauen, wie viele Kilometer man auf der Abendrunde geschafft hat oder die unbekannte Laufstrecke dem Trainingsplan anpassen. Solche Dinge werden mit GPS-Uhren zum Alltag.

Die Gesundheitsindustrie übernimmt die Vorteile und setzt ebenfalls vermehrt auf technische Hilfsmittel. Grundsätzlich hilft dies aber den Angehörigen. Gerade Demenzpatienten in einer frühen Phase akzeptieren die Krankheit nicht. Sie fahren zu bekannten Orten und wissen nicht, wie sie nach Hause kommen sollen. Angehörige müssen nun mühsam herausfinden, wo sich Oma und Opa befinden. Können relativ spät erst zur Hilfe eilen. Durch eine Ortung wird das Auffinden leichter.

Nun stellen Sie sich dieses Beispiel in einer Pflegeeinrichtung mit dutzenden Patienten vor! Es ist eine Erleichterung für den Patienten und für die pflegende Person. Einige Geräte bieten weitere Möglichkeiten. So vertreiben wir ein Art Seniorentelefon mit integriertem Sturzmelder. Meldet dieser einen Sturz, dann kann er automatisch der Zentrale oder einer gespeicherten Nummer den Aufenthaltsort mitteilen. Der Patient aber hat den größten Vorteil, denn er kann sich weiterhin frei bewegen aber erhält einen digitalen Aufpasser.

Infomagazin Seniorenbedarf: Rein philosophisch gefragt: Sollte man „Geofences“ um Menschen errichten lassen?

Axel Tittel: Kühl geantwortet errichten wir einen Alarmbereich ja nur um Menschen die wir bewusst überwachen wollen.

Bei Kindern geschieht dies aus der Sorge heraus, sie könnten den Schulweg verlassen.
Patienten sollen örtlich überwacht werden, damit diese nicht das Gelände der Klinik verlassen.
Straftäter oder potentielle Gefährder, wie sie von der Politik neuerdings genannt werden, tragen eine elektronische Fußfessel damit der Aufenthaltsort überwacht werden kann. Dies geschieht, damit der Aufenthaltsort kontrolliert werden kann. Warum? Damit wir wissen wo sich die Person aufhält bzw. ob sie sich dort befindet, wo wir dies möchten.

Der geographische Zaun zeigt uns nun lediglich deutlich und prüfbar, ob sich die geliebten Menschen auch dort aufhalten, wo sie sollen oder wo sie behaupten. Der Errichter erhält also ein Gefühl von Kontrolle ohne dass der „Kontrollierte“ bewusste Einschränkungen feststellt.
Weiter überspitzt erzählt: Wissen Sie, wo sich ihr Partner gerade aufhält? Grob ist ihnen sicherlich bewusst, ob auf Arbeit, beim Sport oder schlicht zu Hause. Auf dem Weg von einer Örtlichkeit zur anderen, wird zumeist kommuniziert. Wir schreiben eine Nachricht: „Bin losgefahren“ oder „Sitze in der Bahn“. Das machen wir aus Zuneigung, aus Liebe. Wir wollen unserem Partner sagen, dass wir bald gemeinsam Zeit verbringen können. Er soll die Zeit einschätzen können.

Autos bemerken, wenn wir uns ihnen nähern und entriegeln sich. Die Eingangstür bemerkt, dass wir den Schlüssel zücken und sperren sich eigenständig auf. Vielleicht wird es bald normal, dass unser Telefon unseren Kontakten automatisch einen Status mitteilt: „Bin gerade am Supermarkt, also in 5 Minuten zu Hause“. Jeder sollte meiner Meinung nach Technik hinterfragen aber mit offenen Augen betrachten. Sie kann, nein Technik soll, unser Leben vereinfachen. Damit wir mehr davon haben!

Infomagazin Seniorenbedarf: Gut, aber wie steht es denn um die Sicherheit dieser Produkte? In den letzten Jahren ist Überwachung und Abhörung ja zu einem brisanten politischen Thema geworden. Wie kann der Nutzer sicher sein, dass seine persönlichen Daten nicht an Unbefugte gelangen?

Axel Tittel: Ich habe das Gefühl, dass “Sicherheit” oder “Sicherheitsbedenken” leere Worthülsen sind, die von der Politik immer hervorgebracht werden, wenn Sachverhalte nicht verstanden oder hinterfragt werden sollen.

Beispielsweise wurden in jüngerer Vergangenheit häufig von unsicheren Internet-of-Things Geräten (vernetzte Heizungsregler, intelligente Lampen, etc.) thematisiert. Allerdings nicht von der Politik, sondern nur von technikaffinen Nutzern.

Dies steht für mich in Diskrepanz mit der politischen Ausrichtung. Bei solchen Geräten machen sich die Nutzer allerdings viel weniger Gedanken, welche Daten in fremde Hände geraten können. Sicher kann sich kein Nutzer sein, das ist ein Irrglaube. Allerdings sollte der Hersteller von technischen Produkten auf einige Sicherheitsmerkmale achten.

Die persönlichen Daten von denen Sie gerade sprechen, beziehen sich auf die GPS-Position einer bestimmten Person. Hier ist die Sicherheit genauso hoch, wie bei einem Mobiltelefon auch. Die Positionsdaten werden an einen Server oder an eine Telefonnummer übermittelt. Die Positionsanzeige erfolgt bei uns über die Trackerbox. Ein Ortungsportal, welches in Deutschland programmiert und seine Server ebenfalls in Deutschland besitzt. Nutzt der Kunde ein sicheres Passwort, dann kann der Nutzer sicher sein, dass Unbefugte die persönlichen Daten nicht abgreifen können.

Zusammenfassend: Der Nutzer hat es selbst in der Hand, dass seine persönlichen Daten ordnungsgemäß behandelt werden. Man sollte keinem Service vertrauen, bei dem der „Datenweg“ nicht beschrieben werden kann.

So existieren viele Ortungsportale bei denen die aufgezeichneten Daten zunächst über chinesische Server geleitet und dort verarbeitet werden. Auch das klingt eventuell schlimmer als es ist, aber warum nutzen wir keine einheimischen Produkte? Und bei Webprodukten gilt es, sichere Passwörter nutzen. An dieser Stelle sind tatsächlich die Länge und Komplexität von entscheidender Bedeutung.

Infomagazin Seniorenbedarf: Warum sind Ortungssysteme ein Produkt mit Zukunft?

Axel Tittel: Sie sind bereits aktuell nicht mehr wegzudenken. Jeder begegnet im Alltag einigen Anwendungen von Ortungssystemen. Von lokalisierten Wettervorhersagen über Sportuhren und Fahrzeugnavigation bis hin zu autonom fahrenden Autos. Ich bin gespannt, welche Innovationen in dem Bereich in den nächsten Monaten und Jahren auf uns zu kommen. Nahezu jedes Mobiltelefon verfügt über ein GPS-Modul, es werden jährlich weitere Ortungssatelliten im Orbit stationiert. Die Zukunft ist also bereits jetzt.

Infomagazin Seniorenbedarf: Sehr geehrter Herr Tittel, haben Sie vielen Dank für Ihre offenen Antworten!


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Die Kommentare und Meinungen unserer Leser (Leserbriefe)

  1. HJ Weigel kommentierte am 18. Mai 2017 at 7:35

    Gibt es endlich auch Geräte, mit denen man im Haus eine Ortung durchführen kann?

    Uns würde es oftmals sogar genügen, wenn wir zumindest wüssten auf welcher Etage sich der Patient aufhält!

    Gibt es hierfür schon sichere Lösungen?

  2. Hanna Sturm kommentierte am 17. Mai 2017 at 11:38

    Danke für das spannende Interview! Hatte letztens im Fernsehen gesehen, dass ein Auto geortet wurde. In dem Beispiel wurde gesagt. “Das neue Auto hat ein Peilsender verbaut”. Bin überrascht gewesen, dass dies “völlig normal” scheint! Hatte es eher in die Fantasiewelt abgetan.

    Das gesagte liest sich allerdings logisch. Im Grunde begenen wir einer solchen Ortung im alltäglichen Leben ständig, ohne das es uns bewusst wird.

    Das Thema der Fußfessel ist mir ebenfalls aufgefallen. Kommt aktuell häufig in den Medien. Nun habe ich gelernt, dass es auch positive Beispiele dafür gibt!

    Danke, hat mir sehr gut gefallen!

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