Die private Insolvenz – das klingt zunächst dramatisch. Doch kann diese Art der gerichtlichen Schuldenregulierung auch ein Ausweg aus einer aussichtslosen Lebenssituation bedeuten.
Denn die Privatinsolvenz macht es möglich, dass der Schuldner innerhalb kurzer Zeit schuldenfrei ist, wenn er bestimmte Vorraussetzungen erfüllt. Im besten Falle kann der Schuldner den Schuldenberg innerhalb von 5 Jahren, seit der letzten Insolvenzrechtsreform von 2014 in einigen Fällen sogar in 3 Jahren, tilgen. Hierzu müssen allerdings diverse Auflagen erfüllt werden, die wir Ihnen im folgenden Artikel erläutern.
Vorteile und Nachteile einer privaten Insolvenz
Natürlich muss man bei einer Privatinsolvenz auch einige Nachteile bedenken. Abgesehen davon, dass Sie einen langen Atem brauchen, müssen Sie sich auch ein Stück weit entblößen, denn wirtschaftliche sowie persönliche Verhältnisse müssen dem Amtsgericht offengelegt werden. Außerdem muss der Arbeitgeber über Ihre Lage in Kenntnis gesetzt werden, da der pfändbare Teil Ihres Lohns dem Treuhänder ausgezahlt wird.
In einigen Punkten müssen Sie sich in Ihrer Lebensweise einschränken. Vor allem Ihr Konsumverhalten sollte auf ein Minimum begrenzt werden; praktische Ratenkäufe und die Nutzung einer komfortablen Kreditkarte sind während eines Insolvenzverfahrens ausgeschlossen. Auch der Wechsel des Wohnorts oder ein Vertragswechsel, z.B. zu einem günstigeren Telefonanbieter, gestaltet sich in dieser Phase schwierig.
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Sie benötigen also Durchhaltevermögen und Disziplin, um sämtliche Forderungen erfüllen zu können. Dennoch, die Vorteile liegen auf der Hand: Die private Insolvenz ermöglicht die absolute Schuldenfreiheit. Nach dem Insolvenzverfahren können Sie aufatmen und ein neues Lebenskapitel beginnen.
Auch wenn es Einschnitte in Ihrem Lebensstil gibt, so ist stets das Existenzminimum gesichert und Sie brauchen sich z.B. nicht mehr darum sorgen, obdachlos zu werden. Es gibt keine überraschenden Lohnpfändungen oder die Situation, dass der Gerichtsvollzieher unerwartet an der Tür klingelt.
Die private Insolvenz gibt Ihnen Struktur und einen verfolgbaren Plan, der Ihnen hilft, sich von Ihren Schulden befreien zu können.
Kann ich eine Privatinsolvenz beantragen?
Grundsätzlich kann jede natürliche Person, die zahlungsunfähig ist und keine selbstständige Tätigkeit ausübt, die Privatinsolvenz beantragen. Wenn Sie bestimmte Vorraussetzungen erfüllen, haben Sie auch als Selbstständiger die Möglichkeit dazu. Hier muss gewährleistet sein, dass Ihr Vermögen überschaubar ist, dass die bestehenden Forderungen nicht aus Arbeitsverhältnissen stammen und dass sie weniger als 20 Gläubiger haben.
Da es bezüglich der Auflagen während des Verfahrens einiges zu beachten gibt, empfehlen wir Ihnen, sich Hilfe bei einem Schuldnerberater oder einem spezialisierten Anwalt zu suchen oder sich an eine Beratungsstelle vom zuständigen Amtsgericht zu wenden.
Zum Ablauf der Insolvenzverfahren
1. Außergerichtliche Einigung
Besonders bei kleineren Beträgen von einigen Tausend Euro, ist die außergerichtliche Einigung sinnvoll und meist Erfolg versprechend. Doch auch bei größeren Summen ist der Versuch der außergerichtlichen Klärung der erste Schritt, den sie gehen müssen, bevor Sie einen Antrag auf Privatinsolvenz stellen können. Denn nur nach einem missglückten Versuch, sind Sie berechtigt einen Antrag auf gerichtliche Einigung zu stellen.
2. Gerichtliche Einigung
Wenn der außergerichtliche Einigungsversuch scheitert, hat der Schuldner die Möglichkeit, seinen Antrag auf Privatinsolvenz beim Gericht vorzulegen. Folgende Dokumente sollten Sie dazu bereithalten:
- die Bescheinigung über das Scheitern der außergerichtlichen Einigung,
- den offiziellen Antrag auf Restschuldbefreiung,
- Ihre Vermögensauflistung,
- eine Liste sämtlicher Gläubiger,
- sowie einen Schuldnerbereinigungsplan, den Sie zusammen mit Ihrem Schuldnerberater ausgearbeitet haben.
3. Vereinfachtes Insolvenzverfahren
Zuweilen missglückt auch der gerichtliche Einigungsversuch. Nun wird das vereinfachte Insolvenzverfahren eingeleitet. In diesem Fall werden die Verfahrenskosten, die Sie üblicherweise selbst tragen müssen, von Ihrem Vermögen abgezogen und auf die Gläubiger verteilt. Weiterhin wird ein Treuhänder festgelegt, dem der Lohnanteil, der die Pfändungsfreigrenze übersteigt, regelmäßig überwiesen wird.
4. Wohlverhaltensphase
Diese Phase beschreibt die Periode, in der Sie Ihren Pflichten als Insolvenznehmer nachkommen bzw. die dazugehörigen Auflagen erfüllen müssen.
Sollten Sie nicht in einem Arbeitsverhältnis stehen, so werden Sie dazu angehalten, nach einer Erwerbstätigkeit zu suchen.
5. Restschuldbefreiung
Der 5. Schritt des Privatinsolvenz-Verfahrens ist dann die ersehnte letzte Stufe des Prozedere: Der Schuldner ist wieder schuldenfrei. Es besteht kein Anspruch mehr gegenüber dem Schuldner von Gläubigen, und der Schuldner kann wieder selbstständig über sein Einkommen und sein Vermögen verfügen.
6. Kosten
Die Verfahrenskosten tragen Sie in der Regel selbst, d.h. die Gerichts- sowie etwaige Anwaltskosten werden vom Schuldner selbst getragen.
Weiterhin muss dem Treuhänder der pfändungsfreie Anteil des Einkommens gezahlt werden. Die Höhe richtet sich danach, was von Ihrem Gehalt abzüglich der Summe, die Ihre Existenz sichert, übrig bleibt.
Zudem muss natürlich auch der Schuldnerberater bezahlt werden. Es besteht die Möglichkeit, vom Amtsgericht einen Berechtigungsschein für Beratungshilfe zu beantragen. Mit diesem Dokument werden Sie von den Anwaltskosten befreit, jedoch gilt diese Befreiung nur bis zu dem Zeitpunkt, wenn die außergerichtliche Einigung scheitert.
Außerdem lassen sich bei der sogenannten Verbraucherinsolvenz Verfahrenskosten stunden, bis die Restschuldbefreiung erteilt wurde. Anschließend muss der Schuldner die Tilgung wieder aufnehmen. Besonders für gänzlich mittellose Personen ist dieses Verfahren hilfreich.
Der Antrag auf Privatinsolvenz
1. Anmeldung beim Amtsgericht
Zunächst müssen Sie beim zuständigen Amtsgericht das Antragsformular für die Privatinsolvenz und den Antrag für das Restschuldbefreiungsverfahren erfragen. Da es sich empfiehlt, die private Insolvenz nicht ohne Hilfe zu bestreiten, können Sie sich auch direkt an Ihren Schuldnerberater wenden, dort liegen die Anträge für Sie bereit.
Außerdem muss von einem Verfahrensbevollmächtigten dokumentiert werden, dass der Versuch einer außergerichtlichen Bescheinigung gescheitert ist.
2. Abtretungserklärung bestätigen
Diese Erklärung bescheinigt, dass jegliches Einkommen, dass die Pfändungsfreigrenze übersteigt, zur Schuldentilgung eingesetzt wird. Auch ein Teil Ihres Vermögens, z.B. 50% Ihres Erbes, wird zum Abbau Ihres Schuldenbergs eingesetzt.
3. Sorgfalt zahlt sich aus
Vermeiden Sie Fehler, die Sie den positiven Ausgang des Verfahrens kosten können. Denken Sie daran, dass Sie keinerlei Raten weiterzahlen dürfen, sonst wird dieser Gläubiger bevorzugt.
Achten Sie stets darauf, dass Sie alle Dokumente übersichtlich und vollständig zusammenhalten. So gewährleisten Sie ein reibungsloses Verfahren und verhindern rechtliche Konsequenzen wie z.B. eine Strafe wegen unsachgemäßer Auskunft, die sogar eine Versagung der Restschuldbefreiung nach sich ziehen kann.
Während des kompletten Verfahrens besteht für Sie die Auskunftspflicht, jegliche Änderung Ihrer Lebenssituation muss dem Treuhändern und dem Gericht gemeldet werden.
4. Und danach?
Nach der Restschuldbefreiung sind Sie schuldenfrei. Natürlich gibt es Vorkommnisse im Leben, die niemand beeinflussen kann und privaten finanziellen Schaden nach sich tragen. In so einem Fall kann die Anmeldung einer Privatinsolvenz Ihnen einen Ausweg anzeigen. Nutzen Sie die Chance, sich finanziell neu aufzustellen und versuchen Sie vorausschauend mit Ihren finanziellen Mitteln umzugehen.
Checkliste: Privatinsolvenz auf einen Blick
- Schuldnerberater aufsuchen, Antrag stellen
- Dokumente bereithalten (auch während des kompletten Verfahrens)
- Sämtliche Ratenzahlungen einstellen
- Allen Anforderungen zur Tilgung der Schulden nachkommen
- Jegliche Änderungen mitteilen (z.B. Vermögensänderungen, Wohnungswechsel)
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Bildquelle: Janina Dierks, Jan Becke & Yuri Arcurs – Fotolia
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