Das heute gültige höhere Renteneintrittsalter bedeutet zwangsläufig eine längere Erwerbstätigkeit. Das bedeutet aber zugleich, dass es umso wichtiger ist, über diesen längeren Zeitraum gesund und fit zu bleiben. Oder eben – in einem oft unvermeidlichen Fall von Krankheit – möglichst schnell wieder die körperlichen Voraussetzungen für die Erwerbstätigkeit zurückzuerlangen. Genau das, die ausreichende Fitness für das Arbeitsleben, ist das Ziel einer medizinischen Rehabilitation.
Wozu eine medizinische Rehabilitation?
Die Zahl der Menschen, die in jedem Jahr die Diagnose erhalten, von einem rein körperlichen Standpunkt her den Anforderungen ihrer Arbeit nicht mehr gewachsen zu sein, liegt im sechsstelligen Bereich. In einem vergleichsweise günstigen Fall besteht dann immer noch die Möglichkeit (und gleichzeitig auch die Notwendigkeit) einer beruflichen Neuorientierung, im schlimmsten Fall droht sogar der Verlust des Arbeitsplatzes. So oder so, sind Krankheiten oder Funktionsstörungen für jeden ein erhebliches Risiko, gerade in finanzieller Hinsicht: Zum einen weil unter Umständen teure Behandlungen bezahlt werden müssen, zum anderen weil eine verminderte Erwerbstätigkeit eben zwangsläufig Einbußen mit sich bringt.
Während die Kranken- oder Unfallversicherungen dann helfend zur Seite springen, wenn es um die Stärkung der Gesundheit im Sinne einer Vorsorge oder um die Behandlung einer akuten Krankheit geht, ist die Rentenversicherung bei Krankheiten und Behinderungen zuständig, die eine Beeinträchtigung der Erwerbstätigkeit nach sich ziehen können. Allerdings muss die Aussicht auf eine erfolgreiche Behandlung bestehen.
Dennoch ist das Aufgabenfeld der Rentenversicherung weitreichend, zu den rehabilitationsbedürftigen Erkrankungen zählen nämlich
- Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen wie Arthrosen, andere rheumatische Erkrankungen oder Bandscheibenschäden,
- Krankheiten des Herz-Kreislaufsystems wie Herzinfarkte, sowie der Zustand nach einer Bypass-Operation oder einem Schlaganfall,
- psychische Erkrankungen wie Neurosen, depressive Störungen oder Suchterkrankungen,
- Krebserkrankungen.
Die notwendigen Leistungen werden über einen Zeitraum von drei Wochen entweder stationär oder ganztägig ambulant durchgeführt. Je nach medizinischer Notwendigkeit können diese drei Wochen allerdings auch verkürzt oder verlängert werden.
Möglich ist darüber hinaus eine weitere Behandlung nach der medizinischen Rehabilitation. Die Anschlussrehabilitation ist in ihrem zeitlichen Umfang genauso gestaffelt, also grundsätzlich sind für sie drei Wochen vorgesehen, abhängig von der Diagnose und dem Behandlungsverlauf kann sie aber auch kürzer oder länger sein.
Die Voraussetzungen für eine medizinische Rehabilitation
Um die Leistungen der medizinischen Rehabilitation tatsächlich in Anspruch nehmen zu können, müssen allerdings verschiedene Voraussetzungen erfüllt werden.
Allgemeine Voraussetzungen
- Die Maßnahme muss aus medizinischen Gründen erforderlich sein.
- Die Maßnahme muss von einem Arzt verordnet und vom zuständigen Kostenträger vorher genehmigt sein.
Weiterhin sieht das Sozialgesetzbuch die Erfüllung persönlicher Voraussetzungen für eine medizinische Rehabilitation vor, wenn die Rentenversicherung für die Kosten aufkommt.
Persönliche Voraussetzungen
- Aufgrund der Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ist die Erwerbsfähigkeit in erheblichem Maße gefährdet oder gemindert
und - aller Voraussicht nach kann eine solche Minderung der Erwerbstätigkeit abgewendet werden
oder - sie kann gebessert oder wiederhergestellt werden
oder - der Arbeitsplatz kann mit Hilfe der Rehabilitation erhalten werden.
Darüber hinaus werden auch aus versicherungsrechtlicher Perspektive einige Anforderungen gestellt, die im Vorfeld zu berücksichtigen sind.
Versicherungsrechtliche Voraussetzungen
- die Erfüllung einer allgemeinen Wartezeit von 15 Jahren. Darunter fallen die Zeiten, in denen Beiträge eingezahlt bzw. in denen Rentenanwartschaften erworben wurden (d.h. zum Beispiel Kindererziehungszeiten).
Diese Wartezeit ist üblich, allerdings gibt es durchaus auch Ausnahmefälle, durch die sie verkürzt werden kann:
- die Erfüllung einer allgemeinen Wartezeit von 5 Jahren im Falle einer verminderten oder einer absehbaren verminderten Erwerbstätigkeit,
- 6 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen in den letzten zwei Jahren vor der Antragstellung,
- innerhalb von zwei Jahren nach Beendigung einer Ausbildung wird eine versicherte oder selbständige Beschäftigung bis zur Antragstellung ausgeübt bzw. liegt nach einer solchen Beschäftigung bis zur Antragstellung eine Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit vor,
- der Bezug einer Erwerbsminderungsrente,
- der Anspruch auf die große Witwen-/Witwer-Rente aus der Rentenversicherung wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Es sollte aber auch nicht vergessen werden, dass trotz der unterschiedlichen Ausnahmeregelungen in manchen Fällen immer noch Ausschlussgründe bestehen, die zu einer Ablehnung von Anträgen zur medizinischen Rehabilitation führen können. Das gilt
- wenn wegen eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder der Schädigung im Sinne des Entschädigungsrechts gleichartige Leistungen von einem anderen Leistungsträger (etwa von der Unfallversicherung) übernommen werden könnten;
- wenn bereits eine Altersrente in einer Mindesthöhe von zwei Dritteln der Vollrente bezogen wird oder beantragt wurde;
- für Beamte, Pensionäre oder diesen gleichgestellte Personen;
- bei einem dauerhaften Ausscheiden aus der Erwerbstätigkeit und dem Bezug einer betrieblichen Versorgungsleistung bis zum Altersrentenbeginn;
- im Falle einer Untersuchungshaft oder beim Vollzug einer Freiheitsstrafe.
Ob die Voraussetzungen wirklich erfüllt werden, wird im Normalfall von dem jeweils zuständigen Rentenversicherungsträger überprüft. Deswegen ist es oft ein sinnvoller Weg, sich bei diesem zu informieren oder die Beratungsangebote der Deutschen Rentenversicherung wahrzunehmen. Darüber hinaus gibt es verschiedene Gemeinsame Reha-Servicestellen, die sogar auf gesetzlicher Grundlage in allen Landkreisen und kreisfreien Städten eingerichtet wurden. Qualifizierte Beratung und Hilfestellung kann also allerorten gefunden werden.
Das Antragsverfahren für die medizinische Rehabilitation
Die oben genannte Kontaktaufnahme mit dem Rentenversicherungsträger ist im Übrigen einer der beiden wichtigsten Schritte bei der Antragstellung. Denn dabei wird überhaupt erst geklärt, ob ein weitergehendes Antragsverfahren im Bereich des Möglichen liegt. Sind die grundsätzlichen Voraussetzungen erfüllt, gilt es, den entsprechenden Antrag auszufüllen.
Hierbei kann in jedem Fall der behandelnde (Haus-)Arzt helfen, da er ohnehin die Diagnose stellt und die einzelnen Befunde erstellt. Der Befundbericht darüber wird dann dem Antrag beigefügt. Dieser kann zugleich eine Empfehlung für eine stationäre oder ambulante Reha umfassen. Von besonderer Wichtigkeit ist die ausführliche Begründung der medizinischen Notwendigkeit, d.h. die ärztliche Stellungnahme sollte eindeutig belegen, dass eine Reha-Maßnahme für die Wiederherstellung oder zumindest für eine Stabilisierung der Gesundheit sorgen kann, aufgrund derer eine weitere Erwerbstätigkeit möglich ist. Sinnvoll ist im Rahmen der ausführlichen Begründung außerdem die Dokumentation des bisherigen Krankheitsverlaufs.
Bei der Antragstellung sollte berücksichtigt werden, dass bei den verschiedenen Rentenversicherungsträger durchaus voneinander abweichende Verfahren zur Anwendung kommen:
- Die Deutsche Rentenversicherung Bund überlässt es den Versicherten selbst, ob der Befundbericht vom Haus- oder Betriebsrat oder alternativ durch einen Gutachter verfasst wird.
- Die Deutsche Rentenversicherung Rheinland oder Westfalen verlangt hingegen immer ein medizinisches Gutachten, das auch von den zuständigen Stellen in Auftrag gegeben wird. Ansonsten ist der Bericht oder das Gutachten – die Kosten hierfür übernimmt übrigens die Rentenversicherung – für die Antragstellung vollkommen ausreichend. Mehr dazu erfahren Sie in unserem Artikel über die Kosten für Reha-Maßnahmen.
Wird der Antrag bewilligt, erhalten die Versicherten einen Bescheid, der Auskunft über den Ort, die Reha-Einrichtung sowie Dauer und Art der Reha gibt. Für die genaue Terminierung ist dann wiederum die Einrichtung zuständig. Sollte die Entscheidung des Rentenversicherungsträgers nicht zufriedenstellend ausfallen, besteht immer noch die Möglichkeit, Widerspruch dagegen einzureichen. Der muss allerdings innerhalb eines Monats in schriftlicher Form eingereicht und sorgfältig begründet werden.
Kurzer abschließender Hinweis: Die Zuständigkeit der einzelnen Stellen ist nicht Sorge der Versicherten, darum kümmern sich die Träger selbst. Das heißt auch, dass der Antrag auf jeden Fall an die jeweils richtige Adresse weitergeleitet wird.
Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei Ihrem Antrag!
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