Der Schwerbehindertenausweis: Berechtige Personenkreise, Antrag und enthaltene Vergünstigungen

Schwerbehindertenausweis

Egal, ob chronische Erkrankung oder körperliche Beeinträchtigung – viele Menschen mit Behinderung scheuen sich, einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen. Dabei ist dieser in vielen Lebenslagen sehr hilfreich und ermöglicht eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Hierzu gehört es zum Beispiel, Behindertenparkplätze nutzen zu dürfen oder unentgeltlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können.

Wer kann einen Schwerbehindertenausweis beantragen?

Zunächst sollten Antragsteller oder deren Angehörige abwägen, ob eine Beeinträchtigung vorliegt, die seit mehr als einem halben Jahr andauert und dadurch die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nachhaltig erschwert wird. Hierzu können nicht nur körperliche Beeinträchtigungen zählen, z. B. eine Gehbehinderung, sondern auch psychische oder chronische Erkrankungen. So können zum Beispiel auch Tinnitus oder eine Nasennebenhöhlenentzündung ausschlaggebend sein.

Entscheidend für die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises ist der Grad der Behinderung, der auf einer Skala zwischen 10 und 100 bemessen wird. Ab einem Gdb oder GdS – Grad der Behinderung bzw. Grad der Schädigungsfolgen – von mindestens 50% liegt eine Schwerbehinderung vor und ein Schwerbehindertenausweis kann ausgestellt werden.

Welcher GdB bzw. GdS für wen?

Im Grunde genommen wird anhand der Angaben im Antrag auf den Schwerbehindertenausweis entschieden, welchen Grad der Behinderung man erhält. In vielen Fällen ist das bereits absehbar, nämlich dann, wenn man sicher sein kann, dass der Grad der Behinderung mindestens 50% ausmacht, womit eine Schwerbehinderung vorliegt.

Zu den Schwerbehinderungen gehören:

  • Down Syndrom
  • Multiple Sklerose
  • Epilepsie
  • Diabetes mit mindestens 4 Insulininjektionen am Tag
  • Schwere Migräne
  • Osteoporose mit schweren Beeinträchtigungen und Schmerzen
  • Parkinson bei deutlichen Störungen der Bewegungsabläufe
  • Langandauernde Psychosen
  • Entzündlich-rheumatische Erkrankungen mit erheblichen Einbußen
  • Tinnitus mit schweren psychischen Störungen und sozialen Anpassungsschwierigkeiten

Die Aufzählung ist beispielhaft. Hierzu zählen auch Krebserkrankungen, Hirnschäden, AIDS, Hepatitis C und Herzkrankheiten, je nach Ausprägung. Außerdem sind Pflegebedürftige sehr oft dazu berechtigt, einen Schwerbehindertenausweis zu erhalten.

Die Einstufung übernimmt das Versorgungsamt, wo der Antrag angefordert werden kann. Auch Angaben des Hausarztes und der Fachärzte werden bei der Einstufung hinzugezogen. Diese werden von der Schweigepflicht entbunden.

Wie stellt man den Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis?

Den Antrag erhält man entweder direkt beim örtlichen Versorgungsamt oder auf den Internetseiten der Versorgungsämter des jeweiligen Bundeslandes. In einigen Bundesländern kann der Antrag auch online ausgefüllt werden. Theoretisch ist es auch möglich, einen Antrag formlos zu stellen, jedoch ist durch die Formulare sichergestellt, dass die benötigten Angaben am Ende auch vollständig sind.

Im Antragsformular werden neben den persönlichen Daten Fragen zur Behinderung gestellt, die man wahrheitsgemäß beantworten sollte. Welches Merkzeichen man nach eigener Einschätzung benötigt, ist ebenfalls Teil des Fragenkatalogs, wobei man diese Frage auch offenlassen kann, sofern man sich unsicher ist. Zu den Merkzeichen gehören:

  • B = berechtigt die Mitnahme einer Begleitperson bei Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln
  • G = Erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr
  • aG = außergewöhnliche Gehbehinderung
  • H = Hilflosigkeit
  • GI = Gehörlos
  • Tbl = Taubblind

Beim Antrag werden auch die Anschriften vom Hausarzt und Fachärzten abgefragt, die von der Schweigepflicht entbunden werden müssen. Hier fordern die Gutachter weitere Unterlagen an, um den Grad der Behinderung zu bewerten und das Merkzeichen zu bestimmen. Es ist also nicht notwendig, selbst Befunde einzureichen.

Nachdem man den Antrag beim Versorgungsamt eingereicht hat, kann es einige Monate dauern, bis der Bescheid eintrifft. Hier erhält man dann entweder die Nachricht, dass der Grad der Behinderung mit über 50% festgestellt wurde und man einen Schwerbehindertenausweis erhält, nachdem man ein Passfoto beim Versorgungsamt eingereiht hat.
Sollte der Grad der Behinderung mit weniger als 50% festgestellt worden sein, bekommt man dies lediglich mitgeteilt, ist aber nicht berechtigt, einen Schwerbehindertenausweis zu erhalten.

Ist man mit der Einstufung nicht einverstanden, kann man innerhalb eines Monats gegen den Feststellungsbescheid Einspruch erheben. Hilfreich kann auch ein ergänzender ärztlicher Widerspruch sein, von daher ist es sinnvoll, den behandelnden Arzt hinzuzuziehen und mit ihm über den Bescheid zu sprechen. Zwar ist der ergänzende Widerspruch des Arztes hilfreich, es empfiehlt sich aber, den Widerspruch aus eigener Sicht zu formulieren. Hierbei kann ein Rechtsanwalt oder anderer Berater helfen. Wichtig ist, dass der Widerspruch innerhalb der gesetzten Frist, also innerhalb 4 Wochen, eingereicht wird. Es ist aber zunächst nicht nötig, die Gründe für den Widerspruch anzugeben, die man auch nach Ablauf der vierwöchigen Frist nachreichen kann.

Sollte der Widerspruch ebenfalls erfolglos ausgehen, kann man auch Klage vor dem zuständigen Sozialgericht gegen die Entscheidung einreichen. Hierzu hat man wiederum vier Wochen Zeit und muss auch hier noch keine Begründung für die Klage einreichen.

Selbst wenn der Grad der Behinderung mit 30 bis 49% festgestellt wird, kann man Rechte wegen seiner Behinderung geltend machen. Es besteht die Möglichkeit, bei der Agentur für Arbeit einen Antrag auf Gleichstellung zu stellen. Wird dieser bewilligt, erhält man bestimmte Rechte eines Schwerbehinderten.

Bei positivem Bescheid bekommt man nach Einsendung des Passfotos den Schwerbehindertenausweis zugesandt, eine Identifikationskarte im Kreditkartenformat. Es wird nicht im Ausweis angegeben, welche Behinderung man genau hat, lediglich das Merkzeichen ist angegeben sowie ggf. der Zusatz, dass eine Begleitperson mitgenommen werden kann. Der Ausweis wird entweder für zunächst 5 Jahre oder unbefristet ausgestellt und muss nach Ablauf neu beantragt und neu ausgestellt werden.

Hilfestellungen im Alltag und bei Behörden

Der Schwerbehindertenstatus ist kein Almosen, sondern hilft Betroffenen, ihren Alltag besser zu meistern. Sogenannte „Vorteile“ darf man auch als Ausgleich vieler Nachteile verstehen, die ein Schwerbehinderter tagtäglich erleidet. So zum Beispiel die Nutzung von Behindertenparkplätzen, die bei einer Gehbehinderung den Weg zum Ziel erheblich verkürzen kann. Auch können Schwerbehinderte einen Steuerfreibetrag von 570 € geltend machen und bereits mit 62 Jahren in Rente gehen.

Den Arbeitgeber müssen sie über ihre Schwerbehinderung nicht informieren, jedoch haben sie als Arbeitnehmer weitere Rechte und müssen beispielsweise keine Überstunden ableisten. Auch 5 Tage mehr Urlaub steht Schwerbehinderten zu sowie ein erweiterter Kündigungsschutz. Preisnachlässe bei kulturellen Veranstaltungen oder in Schwimmbädern gehören ebenso dazu wie die Befreiung von den Rundfunkgebühren, Vergünstigungen bei Telekommunikationsanbietern, Befreiung oder Preisnachlässe für öffentliche Verkehrsmittel und bei Kurtaxen.

Machen Sie also von Ihrem Recht Gebrauch, wenn Sie zu den entsprechenden Personengruppen gehören!

Weiterführende Recherchequellen:

Bildquelle: Björn Wylezich (Fotolia)


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