
Einigen dürfte schon länger bekannt sein, dass die Produktion vieler gängiger Medikamente bereits seit Jahren in asiatische Länder wie Indien oder China verlegt wurde. Hintergrund ist das Bestreben, Pharmaka möglichst günstig zu produzieren und die Gewinnspanne beim Verkauf in westlichen Ländern auf diese Weise zu erhöhen. Dadurch sind immer mehr Anbieter gezwungen, dem Preisdruck von Mitbewerbern auf dem Markt standzuhalten, was dazu führt, dass diese ihrerseits auf die Produktion im billigeren Ausland ausweichen.
Nun zeigt sich eine der Kehrseiten dieser Sparpolitik: Im Zuge der Coronakrise kam es in den meisten Ländern zu Produktionausfällen. Im Gegenzug stieg durch die allgemein einsetzende Panik aber gerade im ersten Quartal 2020 die Nachfrage nach zahlreichen Medikamenten wie Erkältungsmedikamenten, Antiallergika, Schmerzmitteln wie Paracetamol oder Magen-Darm-Medikamenten rapide an.
Profiteure der Angst
Das Ergebnis ist, dass viele gängige Mittel beim Online-Kauf deutlich teurer geworden sind. So ergaben Vergleichsrechnungen, dass Medikamente im Juni 2020 beim Online-Erwerb durchschnittlich 20 Prozent teurer waren als noch im Juni 2019. Höchstpreise waren dabei vor allem im März 2020 zu verzeichnen, auf dem Höhepunkt der Coronakrise.
Die Tatsache, dass gerade diese Mittel verstärkt nachgefragt werden, zeigt den Versuch vieler Deutscher, die eigene Hausapotheke für den Notfall aufzufüllen.
Globalisierungseffekte immer gravierender
Abgesehen von diesem Verteuerungseffekt wenden Kritiker dieser Produktionspraxis schon lange ein, dass dadurch eine zu starke Abhängigkeit vom Ausland bei wichtigen Medikamenten der medizinischen Grundversorgung entsteht. Zudem wurde in einigen Fällen der Nachweis erbracht, dass Medikamente aus Billiglohnländern zum Teil auch verunreinigt sein können, da nicht nur billigere Arbeitskräfte eingesetzt werden, sondern auch billigere Rohstoffe bei Füll- und Bindemitteln von Tabletten, Kapseln etc. Bei empfindlichen Personen kann dies zu unangenehmen körperlichen Reaktionen führen. Außerdem sind die Arbeitsbedingungen in vielen Billiglohnländern mehr als problematisch.
Das Problem der Knappheit vieler wichtiger Medikamente ist dabei nicht in der Coronakrise zu suchen, sondern ist schon seit geraumer Zeit bekannt. Auf der Seite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte werden über 300 Präparate gelistet, die derzeit knapp sind. Dies ist allerdings ein Trend, der lange vor Corona eingesetzt hat [2].
Deswegen wird zunehmend die Forderung laut, die Produktion nach Deutschland oder zumindest ins europäische Ausland zurückzuholen. Die Frage ist jedoch, wie die pharmazeutische Industrie zu diesem Schritt animiert werden kann.
Recherchequellen:
[1] https://www.idealo.de/magazin/2020/07/28/medikamente-preise-46-prozent-teurer/
[2] https://lieferengpass.bfarm.de/ords/f?p=30274%3A2%3A16547351136213%3A%3ANO%3A%3A%3A
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