Der Garantiezins für Lebensversicherungen soll laut DPA zum 01. Januar 2017 von 1,25 % auf 0,9 % herabgesenkt werden. Mit Folgen für den Verbraucher, denn dieser Zins bestimmt, welche Rendite Lebensversicherer dem Kunden mit ihren Produkten zusichern dürfen.
Das Handelsblatt warnte bereits im Mai:
Gut 86 Prozent der Gelder von Lebensversicherern stecken in Rentenpapieren. Bei Neuanlagen führt das zu einem Dilemma. Um wenigstens ein wenig Rendite zu erwirtschaften, müssten die Versicherer entweder auf lange Laufzeiten setzen. Dann würde aber auch noch die nächste Generation unter dem Zinstief leiden. Die Alternative dazu wäre mehr Risiko.
Um die Garantiezinssenkung besser verstehen zu können, haben wir den Berliner Finanzexperten Arthur Brünings damit konfrontiert:
Herr Brünings, was bedeutet die Garantiezins-Senkung für den Verbraucher?
Für den Endverbraucher resultieren aufgrund der Garantiezins-Senkung Verteuerungen in den Bereichen Sterbegeld, Todesfallabsicherung, Berufsunfähigkeitsabsicherung und sofort beginnenden Rentenversicherungen. Zudem kommt, dass die Überschussbeteiligungen sinken, wodurch die Gesamtrendite der Kunden in den einzelnen Produkten reduziert wird. Daraus folgt, dass einige Policen nach Abzug von Kosten, Steuern und Inflation nur ein Minus garantieren.
Sind bestehende Altersvorsorgeprodukte auch davon betroffen?
Ja, das sind sie auf jeden Fall, kurzfristig wirkt sich die Gesetzesänderung durch sinkende Überschussbeteiligungen auf die Rendite des Kunden aus und langfristig werden die angekündigten Auszahlungen deutlich geringer ausfallen.
Wie werden die Versicherungsgesellschaften Ihrer Einschätzung zufolge mit der Zinssenkung umgehen? Wie äußert diese sich in deren Produktlandschaft?
Die Gesellschaften werden Garantieprodukte voraussichtlich früher oder später Garantieprodukte aus ihrem Angebot streichen. Als Beispiel dafür kann man die Debeka anführen, welche sich immer gegen Produkte ohne Garantie aussprach, aber jetzt Anfang 2016 selber einige einführte. Eine weitere Folge wird sein, dass sich einige Versicherer aus dem Altersvorsorgemarkt vollständig verabschieden werden. Fusionen von Gesellschaften werden eine weitere Folge der Gesetzesänderung sein, was eine Gefahr für bestehende Verträge darstellt, da neue Kosten definiert werden können, weswegen es zu schlechter werdenden Gesamtrenditen kommen kann.
Viele Versicherer setzen ja bereits heute eher auf eher risiko-affine Rentenprodukte. Ist das die Zukunft der privaten Altersvorsorge? Wird „Risiko“ zum Standardprogramm in kapitalistischen Finanzmärkten?
Ja, die Zukunft wird eher auf garantiefreie Produkte zusteuern, was eigentlich schon seit 20 Jahren überfällig ist. Das bedeutet für den Verbraucher, dass sie/er sich wohl oder übel genauer mit dem Thema auseinandersetzen muss und auch die Berater sich mehr Know How aneignen müssen um weiterhin optimal aufgestellt zu sein bzw. zu beraten.
Die EU reagierte nicht zuletzt mit „Solvency II“ auf die Finanzkrise. Dabei wurden europaweit strengere Eigenkapitalvorschriften für Versicherungen verabschiedet. Sind diese Vorschriften im Resultat wirklich verbraucherfreundlich oder schränken sie die Versicherer nicht so stark ein, dass der Sparer am Ende keine rentablen Produkte mehr vorfindet?
Diese gesetzliche Regulation ist absolut verbraucherfreundlich. Auch wenn im ersten Anschein dies anders wirkt. Was bringt uns die maximale Freiheit und Flexibilität, wenn die Versicherer dies nicht überleben. Individuell und volkswirtschaftlich hat die Lebensversicherungsbranche eine sehr wichtige Funktion. Übernahme der Langfristrisiken von Tod, Pflegefall, Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit und Altersarmut.
Natürlich steht auf der anderen Seite die schwache Rentabilität von vielen überholten Produkten. Die Branche hat den Strukturwandel seit über zwei Jahrzehnten vor sich her geschoben. Nun ist sie um so mehr gezwungen vom Abstellgleis der Garantieprodukte runter zu kommen. Die Sparer selber brauchen auch einen Gedanken- und Einstellungswechsel. Die Zeit von hoher Rendite (über 5 % pro Jahr) bei gleichzeitig faktisch keinem Ausfall- und Inflationsrisiko ist vorbei. Der Sparer haftet nun mit seinem Guthaben bei Insolvenz der Institute. Dies ist ein Novum. Deswegen ist die Streuung des Vermögens umso wichtiger geworden.
Portrait des Interviewpartners
Arthur Brünings ist ein Unternehmer im Bereich des Finanzwesens. Er setzt auf eine persönliche, individuelle und auf den Kunden zugeschnittene Beratung und hat dabei Zugriff auf den gesamten Markt. Im Interesse des Kundens zu handeln charakterisiert seinen Status als unabhängigen Makler. Seine Ambition ist es, dass sich seine Kunden intensiv mit den Möglichkeiten, Chancen, aber auch den Risiken rund um das Thema Geld auseinandersetzen, um sich über den potenziellen Mehrwert der passenden Produkte bewusst zu werden.
Kontaktdaten:
Arthur Brünings
Sadowastr. 10
10318 Berlin
Tel.: 0151/57002255
a_bruenings@taures.de
Bildquelle: Animaflora – Fotolia
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