Seit Mitte Juli 2016 sorgt die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Andrea Nahles, mit ihrem Reformprojekt “Anhebung der Ostrenten” für Gesprächsstoff. Sie plant eine Anhebung der Renten in den Neuen Bundesländern, die derzeit noch deutlich unter dem Niveau der gesetzlichen Renten in Westdeutschland liegen. Doch für diese Plänen erntet die Ministerin nicht nur Zustimmung: Insbesondere der damit verbundene Verzicht auf eine Anpassung der ostdeutschen Rentenwerte stößt auf viel Kritik.
Anhebung der Ostrenten in zwei Schritten
Gemäß der aktuellen Rentenwerte liegt das Rentenniveau in Ostdeutschland nur bei 94,1 Prozent des Westniveaus. Bis zum Jahre 2020 sollen Rentner in Ost und West gleich hohe Bezüge von der gesetzlichen Rentenkasse bekommen. Andrea Nahles plant die Anhebung der Ostrenten in zwei Schritten, dabei soll die erste Rentenerhöhung bereits 2018 erfolgen und etwa drei Prozent betragen.
Vereinheitlichung der Rentenwerte
Derzeit liegt der durchschnittliche Rentenwert in Westdeutschland bei 30,45 Euro, während er in den neuen Bundesländern lediglich 28,66 Euro beträgt. Dabei bezeichnet der Rentenwert den Betrag, der einem Durchschnittsverdiener mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 3.000 Euro als Entgeltpunkt auf seinem Rentenkonto im Rahmen der Rentenberechnung pro Beitragsjahr gutgeschrieben wird. Die Höhe der gesetzlichen Rente ergibt sich dann aus der Multiplikation des Rentenwertes mit der Anzahl der absolvierten Beitragsjahre. Der Plan der Bundesministerin sieht vor, dass der Ostwert in zwei Schritten auf das Westniveau angehoben wird.
Angleichung der Rentenbewertung
Gleichzeitig soll die unterschiedliche Bewertung der Gehälter in Ost- und Westdeutschland, wie sie seit der Wiedervereinigung vorgenommen wurde, abgeschafft werden. Sie bewirkt, dass Arbeitnehmer in den neuen Bundesländern eine Aufwertung ihrer Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung erhalten: Auf ihre Rentenbeiträge werden ungefähr 14 Prozent aufgeschlagen. Damit soll das niedrigere Lohn- und Gehaltsniveau kompensiert werden, das nach wie vor in Ostdeutschland herrscht.
Die Kosten des Rentenüberleitungsabschlussgesetz
Experten schätzen, dass diese Reform, die Andrea Nahles als „Rentenüberleitungsabschlussgesetz“ auf den Weg bringen möchte, insgesamt Kosten von mehr als 5,5 Milliarden Euro verursachen wird. Diese Summe muss zusammen mit den Kosten der anderen von der Großen Koalition bereits umgesetzten Rentenänderungen, wie die Rente ab 63, die Mütterrente und die Flexi-Rente, gesehen werden. Sie belasten die Rentenkasse beziehungsweise den Steuerzahler insgesamt mit einem beachtlichen Betrag.
Gewinner und Verlierer der Rentenreform
Eindeutige Nutznießer der angestrebten Reform sind die gegenwärtigen Ostrentner. Sie dürfen sich auf deutliche Rentenanhebungen freuen. Dagegen trifft die Neuregelung durch den Verzicht auf die Vereinheitlichung des Rentenwertes junge ostdeutsche Beitragszahler empfindlich. Sie erhalten weniger Rentenpunkte für ihre geleisteten Beiträge. Sie müssen akzeptieren, dass sich die Rentenlücke, die durch die Absenkung des gesetzlichen Rentenniveaus sowieso erheblich gestiegen ist, weiter wächst.
Modifikationen wahrscheinlich
Es erscheint zumindest fraglich, ob die geplante Reform in allen Aspekten dem Postulat der sozialen Gerechtigkeit entspricht. Außerdem verwundert es, dass nur kurze Zeit nach Einführung von kostspieligen Rentenneuregelungen jetzt für eine weitere Änderung erneut Milliardenbeträge ausgegeben werden sollen. Aufgrund dieser Kritikpunkte rechnen Beobachter damit, dass vor einem Beschluss des Gesetzesentwurfes durch die Große Koalition noch einige Modifikationen vorgenommen werden.
Bildquelle: Zitze – Fotolia
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