Kindergeld beantragen: Von Anspruch bis Auszahlung

Kindergeld beantragenEntgegen landläufiger Meinung handelt es sich beim Kindergeld nicht um eine Sozialleistung. Denn der Anspruch auf Kindergeld ist nicht an die Bedürftigkeit der Empfänger geknüpft. Er entsteht vielmehr automatisch mit der Geburt des Kindes. Erstmalig haben Eltern beziehungsweise Erziehungsberechtigte Anspruch auf Kindergeld für den Monat der Geburt des Kindes.

Dies gilt sogar dann, wenn der Sohn oder die Tochter am letzten Tag eines Monats auf die Welt kommen. Der Anspruch besteht mindestens bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Das Kindergeld soll zur Grundversorgung des Kindes beitragen und sein Existenzminimum sicherstellen. Die Auszahlung des Kindergelds erfolgt durch die zuständigen Familienkassen.

Die Höhe des Kindergelds

Das Kindergeld wird in gleich hohen Monatsbeträgen ausgezahlt, die regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angehoben werden. Die letzte Erhöhung des Kindergelds fand zum 1. Januar 2017 statt. Gegenwärtig liegt die Höhe des Kindergelds für das erste und zweite Kind bei 192,00 Euro. Für das dritte Kind bekommen Eltern Kindergeld in Höhe von 198,00 Euro. Für jedes weitere Geschwisterkind zahlt der Staat 223,00 Euro. Dabei erfolgt die Auszahlung des Kindergelds für mehrere Kinder stets in einer Summe.

Im Vergleich zu den europäischen Nachbarn steht der deutsche Sozialstaat beim Kindergeld verhältnismäßig gut da. So gewähren einige EU-Staaten wie Frankreich erst ab dem 2. Kind überhaupt Kindergeld, um stärkere Anreize für größere Familienbildung zu schaffen.

Kinder zählen bei dieser Berechnung nur dann mit, wenn für sie ein Anspruch auf Kindergeld besteht. So erhalten zum Beispiel Eltern mit einem minderjährigen Kind, das zwei volljährige Geschwister hat, die bereits voll berufstätig sind, nur 192,00 Euro für ihr drittes Kind. Unschädlich für die Anzahl der Geschwister bei der Bemessung des Kindergelds ist dagegen eine abweichende Haushaltszugehörigkeit. So hat beispielsweise eine Mutter, deren ältestes Kind beim getrennt lebenden Vater wohnt, für ihr viertes Kind Anspruch auf Kindergeld von 223,00 Euro.

Die Anspruchsberechtigten

Grundsätzlich haben die leiblichen Eltern, in deren Haushalt das Kind lebt, Anspruch auf Kindergeld. Genauso können Adoptiveltern, Pflegeltern oder auch Großeltern Anspruch auf Kindergeld haben, wenn sie in häuslicher Gemeinschaft mit einem Kind leben und dessen Erziehung übernommen haben. In Ausnahmefällen ist es der zuständigen Familienkasse sogar möglich, das Kindergeld direkt an das Kind auszuzahlen. Dies ist dann der Fall, wenn die Kinder anspruchsberechtigt sind und keinen Unterhalt von ihren Eltern erhalten. Grundsätzlich erfolgt die Auszahlung von Kindergeld nur an eine Person.

Kindergeld beantragen

Zwar entsteht der Anspruch auf Kindergeld automatisch, doch dessen Bewilligung erfordert eine Beantragung. Diese kann auch nachgeholt werden. Dabei ist eine rückwirkende Auszahlung von Kindergeld von bis zu vier Jahren möglich.

Weitere Anspruchsvoraussetzungen

Ein Anspruch auf Kindergeld besteht für leibliche Eltern oder Erziehungsberechtigte, die entweder einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Ist dies nicht gegeben, können betreffende Personen dennoch Anspruch auf Kindergeld haben, wenn sie hierzulande der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht unterliegen. Darüber hinaus besitzen bestimmte Personengruppen trotz fehlender unbeschränkter Steuerpflicht und nicht vorhandenem Wohnsitz in Deutschland einen Anspruch auf Kindergeld. Dies trifft zum Beispiel auf deutsche Beamte, Missionare und Angehörige der NATO zu.

Neben deutschen Staatsangehörigen können auch in Deutschland lebende Ausländer Anspruch auf Kindergeld haben. Voraussetzung dafür ist eine gültige Niederlassungserlaubnis.

Kindergeld für volljährige Kinder

Kindergeld GroßelternAuch nach der Vollendung des 18. Lebensjahres können Eltern Anspruch auf Kindergeld besitzen. Voraussetzung dafür ist eine Berufs- oder Schul- beziehungsweise Hochschulausbildung, die von den Kindern absolviert wird. Längstens erfolgt die Auszahlung von Kindergeld bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres. Eine Ausbildung muss als Anspruchsvoraussetzung für Kindergeld ernsthaft betrieben werden und ein bestimmtes Berufsbild zum Ziel haben.

Darüber hinaus ist der Bezug von Kindergeld auch für Unterbrechungszeiten möglich, wie sie zwischen verschiedene Schul- beziehungsweise Ausbildungsphasen häufig entstehen. Allerdings können Eltern Kindergeld in diesem Fall maximal für vier Monate erhalten.

Sogar für Kinder über 18 Jahren ohne Ausbildungs- oder Arbeitsplatz kann Kindergeld bezogen werden. Bei arbeitslosen Kindern stellt die Meldung als arbeitssuchend bei der Agentur für Arbeit eine Voraussetzung dafür dar. In diesem Fall können Eltern maximal bis zur Vollendung des 21. Lebensjahr ihres Kindes Kindergeld beziehen. Volljährige Söhne und Töchter, die einen Ausbildungsplatz suchen, können einen Anspruch auf Kindergeld bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres auslösen. Voraussetzung dafür ist allerdings die ernsthafte Suche nach einem Ausbildungsplatz, die erfolglos geblieben ist. Zu diesem Zweck müssen Eltern der Familienkasse umfangreiche Belege vorlegen, wie zum Beispiel Kopien von Bewerbungsschreiben und entsprechende Absagen.

Lebenslanges Kindergeld für Eltern von behinderten Kindern

Unter Umständen haben Väter und Mütter lebenslang Anspruch auf Kindergeld. Dies ist stets dann der Fall, wenn das Kind eine Behinderung hat und aus diesem Grund nicht in der Lage ist, für seinen Unterhalt selbst zu sorgen. Außerdem muss diese Behinderung bereits vor der Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten sein. Allerdings versuchen viele Sozialämter, dieses Kindergeld dem behinderten Kind zuzurechnen. Dies hat zur Konsequenz, dass es von dessen Grundsicherung abgezogen wird. Dabei ist diese Vorgehensweise in den meisten Fällen sachlich nicht gerechtfertigt.

Eltern sollten in jedem Fall Belege sammeln, mit denen sie die durch das Kind entstehende Mehrbelastung nachweisen können. Dies gilt auch für behinderte Kinder, die tagsüber oder während der Arbeitswoche in einer speziellen Einrichtung untergebracht sind. Eltern können mithilfe von Rechnungen für die Lebenshaltung, Körperpflege oder sogar Umbauten daheim beweisen, dass sie Mehraufwendungen für ihr behindertes Kind haben. Außerdem sollten sie das erhaltene Kindergeld auf keinen Fall an den Sohn oder die Tochter überweisen. Dies wird von den Ämtern regelmäßig dahingehend interpretiert, dass das Kindergeld den behinderten Kindern zur Verfügung steht und dementsprechend von deren Anspruch auf Grundsicherung abgezogen werden kann.

Allgemeine Hinweise zum Kindergeld

Der Bezug von Kindergeld ist an strenge Vorgaben geknüpft und mit umfangreichen Mitteilungspflichten verbunden. Insbesondere in komplizierten Fällen, wie zum Beispiel während eines Auslandsaufenthaltes oder bei volljährigen Kindern, können sich schnell Fragen ergeben. Wer (auch unwissentlich) gegenüber der Familienkasse falsche Angaben macht oder erforderliche Informationen unterlässt, begeht eine Ordnungswidrigkeit oder sogar eine Straftat. Aus diesem Grund erscheint es sinnvoll, im Zweifel die kostenlose Beratung durch die zuständige Familienkasse in Anspruch zu nehmen. Kommt es zu strittigen Auseinandersetzungen mit dieser Behörde, leisten Sozialverbände wertvolle Unterstützung.

Bildquelle: Jan Becke – Fotolia


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