Die amtierende Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ist derzeit nicht zu beneiden, für ihre Rentenpläne kassiert sie Kritik von allen Seiten. Dabei erscheint es nachvollziehbar, dass die Arbeitgeber die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen bereits mit 63 abschlagsfrei in Rente zu gehen, rigoros ablehnen.
Lohnherren unterstreichen Fachkräftemangel
Die Arbeitgeber befürchten zu Recht, dass der Fachkräftemangel durch diese Neuregelung drastisch zunehmen wird. Nach seriösen Schätzungen wird die Zahl an Frühverrentungen, also an Bürgern die Frührente beantragen, alleine im ersten Jahr der Einführung um rund 50.000 ansteigen.
Auf diese Weise wird nach Aussagen der wichtigsten Arbeitgeberverbände das falsche Signal in Zeiten gesetzt, die vom demographischen Wandel geprägt sind. Außerdem stören sie sich, wie viele Bürger auch, an der damit verbundenen Umverteilung: Während die heutigen Rentner gemäß aktueller Rentenberechnung von dieser Regelung profitieren, muss die jüngere Generation die Zeche in Form von stetig steigenden Rentenbeiträgen zahlen.
Anrechenbarkeit von Arbeitslosigkeit kritisch beäugt
Von diesen sind auch die Arbeitgeber betroffen, weil selbstverständlich auch ein Anstieg ihres Anteils erfolgen wird. Besonders umstritten ist die Anrechenbarkeit von Zeiten der Arbeitslosigkeit auf die Versicherungszeit von 45 Jahren, die als Voraussetzung für die abschlagsfreie Rente mit 63 nachgewiesen werden muss.
Schließlich war es erklärtes Ziel der Reform, nur Arbeitnehmern, die besonders lange und hart gearbeitet haben, ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben ohne finanzielle Einbußen zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang wird auch von der deutschen Rentenversicherung darauf hingewiesen, dass die gespeicherten Daten zum Rentenverlauf, die weiter zurückliegende Jahre betreffen, gar nicht erkennen lassen, ob der Versicherte arbeitslos war.
Nahles weiterhin unbeirrt
Frau Nahles gibt sich indessen unbeeindruckt von diesen Einwänden gegen ihre Reformpläne. Sie hält ihren Entwurf weiterhin für ein tragfähiges und sozial gerechtes Konzept. Lediglich einen gewissen Klärungsbedarf in Bezug auf bestimmte Details gibt die Ministerin zu. Es bleibt abzuwarten, ob dieses waghalsige Reformvorhaben tatsächlich wie geplant umgesetzt wird und wie sich dessen Folgen auf die Zusammenarbeit in der großen Koalition auswirken werden. Mit Sicherreit wird das Thema abschlagsfreie Frühverrentung mit 63 Politiker und Bürger noch lange beschäftigen.
Wie ein Konzept ohne mittelfristig gesicherter Finanzierung als tragfähig bezeichnet werden kann stimmt schon nachdenklich. Wenn das Konzept dann noch völlig an der Realität und der Wirtschaftslage vorbei geht, wird kein Weg an einer baldigen Reform der Reform vorbei führen.