Umweltsünder*in wider Willen – Ist Nachhaltigkeit bei schmalem Geldbeutel überhaupt möglich?

Umweltsünderin wider Willen

Nachhaltig zu leben mit schmalem Geldbeutel ist mit den vorhandenen Hilfeleistungen für einige Menschen ziemlich schwer, findet unsere Autorin. Denn obwohl das Bewusstsein voll vorhanden ist, machen finanzielle Zwänge einen nachhaltigen Lebensstil nur schwer möglich. Aber lesen Sie selbst.

Auszug aus Wikipedia:

„Regelbedarf“ ist der als für die Gewährleistung des soziokulturellen Existenzminimums in Deutschland definierte notwendige Lebensunterhalt; dieser besteht insbesondere aus den für Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie (ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile) anfallenden lebensnotwendigen geldlichen Aufwendungen, darüber hinaus für bestimmte festgelegte persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens, einschließlich der Bedarfe für das grundgesetzlich garantierte „Mindestmaß am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben“ (soziale Teilhabe).[1] Nicht zum Regelbedarf gehören die Kosten der Unterkunft und Heizung, Mehrbedarfe sowie Leistung für Bildung und Teilhabe von Schülern.

Der Regelbedarf wird nicht individuell, sondern abstrakt nach generell definierten Kriterien festgelegt, dabei wird nach Altersstufen und bestimmten Lebenssituationen unterschieden. Soweit Personen den Regelbedarf nicht durch eigene Mittel, insbesondere durch Einkommen und Vermögen oder durch „vorrangige“ Hilfen decken können, haben sie Anspruch auf staatliche Leistungen zur Deckung des Regelbedarfs.

Aufschlüsselung des Regelbedarfs nach den regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Einpersonenhaushalte (Statistikmodell) aus der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2018, § 5 Regelbedarfsermittlungsgesetz (RBEG)

Posten Summe
Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren 150,93
Bekleidung und Schuhe 36,09
Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung 36,87
Innenausstattung, Haushaltsgeräte u. -gegenstände, laufende Haushaltsführung 26,49
Gesundheitspflege 26,49
Verkehr 16,6
Post und Telekommunikation 38,89
Freizeit, Unterhaltung, Kultur 42,44
Bildungswesen 1,57
Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen 11,36
Andere Waren und Dienstleistungen 34,71
Gesamtsumme 434,96

Nachhaltig zu leben mit schmalem Geldbeutel ist mit diesen statistischen Zahlen ziemlich schwer.

Sobald du durch Krankheit oder Arbeitsunfähigkeit in den Bereich rutscht, wo du auf öffentliche Hilfe angewiesen bist, wirst du gezwungener Maßen zum Umweltsünder. Ich persönlich bekomme eine Rente wegen vollständiger Erwerbsunfähigkeit und aufstockende Sozialhilfe. Das habe ich mir nicht ausgesucht und ich würde mir nichts mehr wünschen, als wieder voll berufstätig zu sein, aber weder Körper noch Geist sind bei mir ausreichend Einsatz- und Ausdauerfähig, um ein „nützliches Mitglied der Gesellschaft“ zu sein, wie es immer so schön formuliert wird.

Wenn du den erwarteten Standards nicht mehr genügst, fällst du schnell durch sämtliche Raster. Die Auszahlungen der Ämter richten sich nach erhobenen Statistiken, die sich äußerst schwerfällig ändern. Gerade in der derzeitigen Situation bleiben viele Konsumenten auf der Strecke, weil die Preise schneller steigen, als sich die Einnahmen (Löhne, Gehälter, Pensionen etc.) anpassen.

Was soll man denn machen, wenn die Preise steigen, aber das Geld, was man zur Verfügung hat, nicht mehr wird? Gerne würde ich die hiesige Landwirtschaft unterstützen und auf dem Markt einkaufen, aber ich greife lieber nach dem kostengünstigen PLASTIK-Netz im Supermarkt bzw. Discounter, wo ich mehr für den gleichen Preis bekomme.

Kauf in Massen, spare am Preis. Das wird durch diverse Rabatt-Aktionen kräftigst untermauert. Was aber für einige das ultimative Schnäppchen im Supermarkt oder Discounter ist, bedeutet für Menschen in den unteren Einkommenssektionen, dass das Geld länger reicht und vielleicht am Ende doch noch ein kleines Extra drin ist oder man doch noch etwas zum Sparen an die Seite packen kann.

Mir stößt schon seit vielen Jahren auf, dass die Nahrungsmittel-Industrie immer behauptet „Wir machen das so, weil der Kunde es so will“. Wer ist dieser „der Kunde“? Ich will nicht, dass Tiere eingepfercht werden und unendlich leiden. Mir ist egal, ob meine Karotten krumm und schief sind oder andere Verwachsungen haben, aber ich muss sie bezahlen können.

Ich möchte nicht, dass Kinder oder Menschen generell in fernen Ländern unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten müssen, um für mich kostengünstige Kleidung herzustellen – aber ich bin auf kostengünstige Kleidung angewiesen, da mein Geldbeutel zu mehr nicht reicht.

Anscheinend bin ich „der Kunde“ von dem die Industriekonzerne dieser Welt sprechen, um die Ausbeutung von Mensch und Natur weiter voranzutreiben.

Seit Jahren trenne ich brav den Müll, um etwas für die Umwelt zu tun, nur um zu erfahren, dass ein Großteil meines so sorgsam getrennten Mülls nicht recyclebar ist und dann in den Weltmeeren landet.

Kaum kommen Aktionen wie „Fridays for Future“ auf, sind die ganzen Konzerne auf einmal bemüht, kund zu tun, dass sie nachhaltig produzieren und klatschen auf alles mögliche das Wort „Bio“, dass einem schwindelig werden kann.

Ich traue keiner Werbekampagne, dafür sind zu viele Mogelpackungen dort draußen in sämtlichen Varianten.

Ich wünsche mir einen Nachhaltigkeits-Guide für Menschen mit geringen Einkommen. Es muss doch möglich sein, Menschen einer bestimmten Einkommensklasse bevorzugten Zugang zu ablaufenden, beschädigten etc. Lebensmittel u.a. anzubieten.

Wo ist das „Anders-Kaufhaus“, wo man – wie bei der Tafel – bei nachgewiesener Bedürftigkeit alles bekommen kann, nicht nur Lebensmittel, die abgelaufen sind, sondern Fehl- oder Überproduktionen, so dass man auch an Waschmittel, Hygieneartikel etc. kommt. Ein voller Einkaufswagen für 10 €, ein halber für 5 € oder ähnliches?
Vielleicht gibt es so etwas bereits, nur man weiß es einfach nicht.

Tauschstationen, Foodsharing, Zeughäuser, Tafeln etc. sind wichtige Institutionen. Allerdings ist vielen die Existenz solcher Einrichtungen unbekannt. Mir wäre es sehr entgegen gekommen, wenn mir bei Stellung meiner Anträge bei den diversen Ämtern ein Informationsheft übergeben worden wäre, wohin ich mich überall wenden kann, um mit dem wenigen Geld möglichst lange auskommen zu können.

Solange sich generell im System nichts ändert, werde ich wohl Umweltsünderin wider Willen bleiben.

Autorin: Claudia W.

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