
Wer Kinder erzieht, leistet einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag. Deshalb werden Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung besonders anerkannt. Doch was passiert, wenn die Anrechnung bisher vergessen oder fehlerhaft war? Können Kindererziehungszeiten auch nachträglich geltend gemacht werden? Hier finden Sie alle wichtigen Informationen, aktuelle Zahlen und Hinweise zur Vorgehensweise.
1. Was sind Kindererziehungszeiten?
Als Kindererziehungszeiten gelten Zeiträume, in denen Versicherte ihre Kinder überwiegend selbst betreut haben. Diese Zeiten werden der gesetzlichen Rentenversicherung gutgeschrieben und erhöhen die späteren Rentenansprüche.
- Zeitraum: grundsätzlich bis zum 3. Geburtstag des Kindes
- Anspruchsberechtigt: meist die Mutter, bei Nachweis auch der Vater
- Wirkung: Gutschrift von Rentenpunkten – als hätte man Beiträge eingezahlt
Besonderheit: Die Anrechnung erfolgt unabhängig von einer Erwerbstätigkeit.
2. Wie hoch ist die Anrechnung von Kindererziehungszeiten?
Für jedes Kind werden Rentenpunkte gutgeschrieben:
- Pro Jahr Kindererziehung: 1,0 Entgeltpunkt
- Wert eines Entgeltpunkts 2025 (West): ca. 39,50 € monatlich
- Wert eines Entgeltpunkts 2025 (Ost): ca. 38,20 € monatlich
Beispiel: Für drei Jahre Kindererziehungszeit werden etwa 118 € (West) bzw. 114 € (Ost) mehr Rente pro Kind und Monat gutgeschrieben.
3. Voraussetzungen für die Anerkennung
Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein:
- Versicherungspflicht: Aufenthalt und gewöhnlicher Lebensmittelpunkt in Deutschland
- Erziehung: überwiegende persönliche Betreuung des Kindes
- Zeitraum: ab Geburt bis zum 3. Geburtstag
Wird das Kind von mehreren Personen betreut (z. B. Eltern und Großeltern), wird die Anrechnung individuell geprüft.
4. Können Kindererziehungszeiten nachträglich angerechnet werden?
Ja, die Anrechnung kann auch viele Jahre später beantragt werden. Es gibt grundsätzlich keine Verjährung für die Beantragung von Kindererziehungszeiten!
- Nachträglicher Antrag: jederzeit möglich
- Rentenanpassung: erfolgt rückwirkend ab Rentenbeginn oder Antragsstellung
- Voraussetzung: Nachweis der Kindererziehung erforderlich
Wichtig: Eine nachträgliche Anrechnung kann die Höhe der laufenden oder zukünftigen Rente spürbar erhöhen!
5. Ablauf der nachträglichen Anrechnung
Die Schritte im Überblick:
- Formloser Antrag: möglich, z. B. über die Deutsche Rentenversicherung
- Nachweisunterlagen: Geburtsurkunde, Meldebescheinigung, ggf. Nachweis der tatsächlichen Erziehung
- Prüfung durch Rentenversicherung: Nach Eingang der Unterlagen erfolgt eine Einzelfallprüfung
- Bescheid: schriftlicher Feststellungsbescheid über die anerkannten Zeiten
Tipp: Nutzen Sie das kostenlose Beratungsangebot der Deutschen Rentenversicherung!
Infobox: Stimmen aus Gesellschaft und Politik
Deutscher Frauenrat: “Kindererziehungszeiten leisten einen unverzichtbaren Beitrag für unsere Gesellschaft. Ihre vollständige Anerkennung ist ein Gebot der Gerechtigkeit.”
Bund der Steuerzahler: “Nachträgliche Anrechnungen dürfen nicht zu unkontrollierbaren Mehrbelastungen für die Rentenkassen führen.”
Sozialverbände: “Gerade ältere Frauen profitieren enorm von der Korrektur bisher nicht berücksichtigter Erziehungszeiten.”
6. Sonderregelungen: Kindererziehungszeiten im Ausland
Auch Kindererziehungszeiten im Ausland können unter bestimmten Voraussetzungen angerechnet werden:
- EU-/EWR-Staaten: gleichwertige Anerkennung bei gewöhnlichem Aufenthalt
- Drittstaaten: Anrechnung schwierig, aber möglich bei späterem Umzug nach Deutschland
Hinweis: Die Zeiten müssen dem deutschen Rentenversicherungssystem durch entsprechende Nachweise plausibel gemacht werden.
7. Unterschiede bei Anrechnung von Müttern und Vätern
Ursprünglich wurden Kindererziehungszeiten fast ausschließlich Müttern zugerechnet. Heute können auch Väter diese Zeiten anrechnen lassen – wenn sie nachweislich überwiegend erzogen haben.
- Wechsel der Erziehungsverantwortung jederzeit möglich
- Bei gleichmäßiger Betreuung: Vereinbarung zwischen den Eltern erforderlich
Praxis: Väter sollten frühzeitig entsprechende Nachweise führen, etwa über Elternzeit oder Teilzeitarbeit.
8. Was ist der Unterschied zur Berücksichtigungszeit?
Neben Kindererziehungszeiten gibt es sogenannte Berücksichtigungszeiten, die auch die Rentenbiografie verbessern können:
- Berücksichtigungszeiten: bis zum 10. Geburtstag des Kindes
- Wirkung: Verbesserung von Wartezeiten für bestimmte Rentenarten
Wichtig: Berücksichtigungszeiten führen zwar nicht zu zusätzlichen Rentenpunkten, können aber Anspruchsvoraussetzungen (z. B. für Erwerbsminderungsrenten) erfüllen.
9. Kindererziehungszeiten und Mütterrente
Die Mütterrente hat das Ziel, Erziehungszeiten von Müttern (und Vätern) besser anzuerkennen:
- Mütterrente I (2014): Anrechnung des 2. Jahres Kindererziehung für Kinder vor 1992
- Mütterrente II (2019): zusätzliches halbes Jahr Erziehungszeit für Kinder vor 1992
Dadurch erhalten Mütter heute für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, insgesamt bis zu 2,5 Jahre Erziehungszeit angerechnet.
10. Auswirkungen einer nachträglichen Anrechnung auf die Rentenhöhe
Eine erfolgreiche nachträgliche Anrechnung führt zu:
- Erhöhung der laufenden Altersrente
- Erfüllung von Wartezeiten für besondere Rentenarten (z. B. abschlagsfreie Rente mit 63)
- Erhöhung der Erwerbsminderungsrente bei bestehender Erwerbsminderung
Beispiel: Eine nachträglich anerkannte Kindererziehungszeit kann die monatliche Rente um ca. 39,50 € (West) erhöhen – auf Lebenszeit!
11. Welche Fristen gelten für die nachträgliche Anrechnung?
Grundsätzlich gibt es keine festen Fristen. Dennoch ist schnelles Handeln empfehlenswert:
- Leistungen werden frühestens ab Antragstellung berücksichtigt
- Eine rückwirkende Rentenerhöhung erfolgt nur unter bestimmten Bedingungen
Empfehlung: Spätestens bei Rentenantragstellung oder Rentenüberprüfung sollte die Anrechnung beantragt werden!
12. Unterstützung durch die Rentenversicherung
Die Deutsche Rentenversicherung bietet verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten:
- Kostenlose Beratungsgespräche
- Formulare für die Beantragung von Kindererziehungszeiten
- Unterstützung bei der Beschaffung fehlender Unterlagen
Kontakt: Beratungstermine können telefonisch oder online vereinbart werden.
Fazit: Kindererziehungszeiten nachträglich anrechnen lassen lohnt sich!
Wer in der Vergangenheit Kinder erzogen hat und die Anrechnung bisher nicht oder nicht vollständig vorgenommen wurde, sollte aktiv werden. Kindererziehungszeiten erhöhen die Rente spürbar und sind unabhängig von Erwerbstätigkeit oder Einkommen ein wertvolles Element der Alterssicherung. Gerade ältere Versicherte und Frauen profitieren besonders von einer nachträglichen Gutschrift. Ein Antrag kann jederzeit gestellt werden – mit der richtigen Vorbereitung und Unterstützung der Rentenversicherung gelingt die Anerkennung meist unkompliziert.
Unser Tipp: Nutzen Sie die Möglichkeiten der nachträglichen Anrechnung, um Ihre Rente aufzubessern – es lohnt sich finanziell und ist ein verdienter Ausgleich für die Erziehungsarbeit!
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Wie lange dauert so eine Bearbeitung , der Anrechnung der Erziehungszeiten ?
Ich habe eine Wanderfreundin, sie ist Jahrgang 1954. Sie hat 2 Kinder geboren und bekommt keine Kindererziehungszeiten angerechnet. Sie ist Köchin und hat immer gearbeitet. Sie hat sich bisher darum sehr bemüht. Sie bekam von der Rentenversicherung die Aussage, dass es diese Jahrgänge betreffen würde. Ist das richtig? Ich bin selbst 1948 geboren und habe 2 Kinder und erhalte diese Zeiten angerechnet. Ich kann mir diese Ungerechtigkeit nicht vorstellen.
Ich würde mich sehr über eine Antwort von Ihnen freuen. Die Rente meiner Freundin ist dementsprechend niedrig.
Können Kindererziehungszeiten im Nachhinein auf den anderen Elternteil übertragen werden?
guten tag,meine frau ist thailänderin hat 2 kinder in thailand vor 1992 erzogen.sie ist jetzt seit 1,5 jahren im ruhestand.nun meine frage ist es noch nachträglich möglich einen antrag auf kindererziehungszeit zu stellen.danke im voraus für die antwort.rolf schäfer.ps sind seit über 30 jahren verheiratet.
Unsere Zwillinge wurden 2003 geboren, am 12. Mai 2022 haben wir eine gemeinsame Erklärung abgegeben, dass dem Vater die Erziehungszeit der ersten 3 Jahre zugerechnet werden soll. Deutsche Rentenversicherung Bayreuth hat entschieden, dass nach objektiven Gesichtspunkten meine Frau überwiegend erzogen hat, deshalb wird unser
Antrag auf Erziehungszeit abgelehnt.
Die Rentenversicherung Bund hat meiner Frau 4 Monate Erziehungszeit zugeteilt, mit die restlichen 32 Monate pro Kind. Im Merkblatt der
Deutschen Rentenversicherung steht: Erzieht
der Vater das Kind überwiegend, ist die Rückwirkende Anerkennung der Zeiten für ihn
problemlos möglich.